SAIC schickt eine neue Premiummarke namens "IM" nach England, Norwegen und in die Schweiz, nachdem seine E-Automarke MG in der EU schon länger erfolgreich ist.

Der chinesische Auto-Großhersteller SAIC ist mit seiner Elektroautomarke MG in Europa so erfolgreich, dass er eine neue Premiummarke mit dem Namenszusatz IM zunächst nach England, Norwegen und in die Schweiz hinterherschickt. Eine spätere Belieferung weiterer europäischer Länder ist wahrscheinlich.
Als Audi am Vorabend der Auto Shanghai 2025 das Tuch vom neuen E5 Sportback zog, runzelten nicht wenige der Anwesenden die Stirn. Auf dem Elektroauto, das da im Scheinwerferlicht stand, fehlten die vier charakteristischen vier Ringe, die seit Jahrzehnten die Fahrzeuge aus Ingolstadt zieren. Stattdessen prangte AUDI in Großbuchstaben auf dem Fahrzeug. "Der E5 Sportback bietet die Stärken von Audi, interpretiert die DNA unserer Marke neu und ist perfekt auf die Bedürfnisse der chinesischen Kundschaft zugeschnitten", sagte Audi-Chef Gernot Döllner und bestätigte, dass dieses Auto gemeinsam mit dem langjährigen Joint-Venture-Partner SAIC den chinesischen Markt entwickelt wurde.

Damit bestätigte er das offene Geheimnis, dass Audi eine Plattform der SAIC-Premium-Tochter IM (steht für "Intelligence in Motion") nutzte, um den E5 gemeinsam im Rekordtempo auf die Räder zu stellen. "Für SAIC passt diese Zusammenarbeit natürlich perfekt in ihre langjährige Strategie. Anders als BYD sieht sich SAIC vor allem als Plattform-Zulieferer: Technologie und Fertigung kommen aus China, während westliche Marken als Label obendrauf sitzen. Man könnte sagen: SAIC will das Luxottica der Autowelt werden", erklärt Martin Geißler von der Unternehmensberatung Advyce & Company. Der Name der Audi-Architektur lautet Advanced Digitized Platform (ADP).

Die Rollen der Joint-Venture-Partner haben sich schon länger verändert. Aus dem einstigen Meister Audi ist der Schüler geworden, der verzweifelt versucht, im Reich der Mitte wieder auf die Füße zu kommen. SAIC gibt den Ton an und will die Premium-Tochter IM zum Exportschlager und Tesla-Konkurrenten machen. Ein Blick auf die Struktur der Marke IM verdeutlicht die Stoßrichtung gegen Tesla und die Tatsache, dass man das Fahrzeug mehr als Smartphone auf vier Rädern begreift, was eines der wichtigen Features für Teslas Erfolg war.

Vor diesem Hintergrund erscheint die strategische Partnerschaft, die SAIC-IM Anfang des Jahres mit dem Technologiekonzern Huawei eingegangen ist, sehr sinnvoll. Huawei ist dabei weit mehr als ein bloßer Zulieferer, sondern ein Technologiepartner, der die SAIC-IM-Fahrzeuge bei der Konnektivität, den Betriebssystemen und den Fahrassistenten unterstützt – Stichwort autonomes Fahren. Huawei gilt bei Experten zunehmend als Schwergewicht in der Autoindustrie. "Die sind die gefährlichsten", konstatierte ein ehemaliger CEO eines deutschen Automobilherstellers unlängst. Ebenfalls mit an Bord: das chinesische Amazon-Gegenstück Alibaba. Der Zusammenschluss der beiden Big Player sollte erkennen lassen, dass die Wucht dieser Technologie-Welle auch den Westen erreichen wird.
Die neuen E-Auto-Typen MG IM5 und MG IM6
Schon Design und Infotainment-Bedienung mit Walzen im Lenkrad zeigen, dass die Chinesen mit der Limousine IM5 und des SUVs IM6 Tesla im Visier haben. Der IM5 tritt gegen das Tesla Model 3 an, während der IM6 Richtung Model Y zielt. Beide Modelle nutzen eine 800-Volt-Architektur (beim IM5 bietet MG IM auch eine 400-Volt-Basisversion an). Die Kapazität von 100 kWh ermöglicht Reichweiten bis zu 710 Kilometern. Die maximale Ladeleistung beträgt 396 kW.

Die Basisversion des MG IM6 mit der 100-kWh-Batterie, Hinterradantrieb und 300 kW kostet im Vereinigten Königreich rund 55.319 Euro. Die Top-Version "Launch Edition" mit Allradantrieb und 553 kW schlägt mit etwa 61.082 Euro zu Buche. Aktuell erhebt Großbritannien auf chinesische Autos Einfuhrzölle von zehn Prozent. Die Limousine IM5 mit 75-kWh-LFP-Akkus beginnt bei circa 34.490 Euro. Zum Vergleich: Das Model 3 startet bei 40.970 Euro und das Model Y bei 45.970 Euro, allerdings mit 62,5-kWh-Batterie.
Um den Einstieg zu erleichtern, läuft IM unter dem Dach der mittlerweile etablierten Marke MG. Die beiden Autos kommen zunächst nur nach Großbritannien, Norwegen und in die Schweiz. Märkte, die entweder sehr elektromobilitätsaffin sind (Norwegen) oder in denen MG eine positiv besetzte Tradition hat (Vereinigtes Königreich). Damit sind die MG-IM-Manager auf der sicheren Seite. Die Frage ist, ob die Strategie IM unter dem Dach der Marke MG nach Europa zu bringen, Erfolg haben wird.
Denn MG steht für die Kunden als Marke, die den bezahlbaren Zusammenschluss zwischen alter und neuer automobiler Welt vollzogen hat. Ob der Schwenk zum Premium gelingt, bleibt abzuwarten, MG dementiert noch Pläne, IM nach Deutschland zu bringen. Die Zurückhaltung der SAIC-MG-Manager ist nachvollziehbar. Ein Blick auf die Verkaufszahlen von Nio, BYD oder Great Wall Motor in der europäischen Autonation Nummer eins zeigt: Neuankömmlinge haben es schwer.

Die im Premiumbereich etablierten Marken Audi, BMW und Mercedes sind nach wie vor sehr stark. Die aktuelle Zurückhaltung gegenüber der Elektromobilität macht die Sache für MG-IM nicht leichter. "IM wird es in Deutschland schwer haben. Der geplante Vertrieb über MG mag in UK oder Norwegen funktionieren, ist hierzulande aber eher ein Handicap: MG ist hier praktisch bedeutungslos, und der deutsche Markt ist gnadenlos markengetrieben.

Zudem kommt IM ziemlich spät in einen bereits dichten EV-Markt und bietet wenig Differenzierung gegenüber Zeekr, BYD oder GWM. Ein echter Game Changer wäre ein Einstieg über das Audi-Joint-Venture mit Premiumlabel und Händlernetz. Alles andere dürfte kaum zu durchschlagendem Erfolg führen", stellt Martin Geißler fest. SAIC könnte also auch den großen und finanzstarken Automarkt Deutschland angehen. Es ist wohl eine Frage der Zeit, bis die MG IMs auf den Straßen zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen zu sehen sind.